Wird das Wunder der Geburt im ländlichen Raum jetzt zum Risiko?

Die Schließungen der Geburtshilfeabteilungen gefährdet die Sicherheit von Mutter und Kind im ländlichen Raum.

Unfassbare 44 Prozent der Kliniken mit geburtshilflicher Abteilung wurden seit 2009 in Rheinland-Pfalz geschlossen. In absoluten Zahlen bedeutet das: 23 von 52 Krankenhäusern haben innerhalb von 14 Jahren ihre Geburtsstationen dicht gemacht. (Quelle: Hebammen-Landesverband Rheinland-Pfalz)

Geburtshäuser und Hausgeburten liegen im Trend könnte man meinen, aber weit gefehlt: rund 98 Prozent der Kinder in Rheinland-Pfalz kommen in Kliniken zur Welt. Die Geburt von Kindern und das Aufrechterhalten einer Geburtsstation könnte sich somit auch wirtschaftlich rechnen, aber auch das ist nur ein Trugschluss.

Generell haben alle medizinischen Behandlungen festgelegte Entschädigungssätze und werden entsprechend abgerechnet. Kliniken verdienen allerdings mit natürlichen Geburten weniger als beispielsweise mit Kaiserschnitten. Noch dazu haben Geburtshilfestationen hohe Vorhaltekosten, etwa beim Personal, weil nicht absehbar ist, wie lange eine Geburt dauert und ob möglicherweise doch noch ein größerer Eingriff notwendig wird. Die vereinbarten Fallpauschalen sorgen dafür, dass eine Station ab etwa 500 Geburten im Jahr „rentabel“ wird – also im statistischen Mittel ab etwa anderthalb Geburten pro Tag. Aus diesem Grund können häufig kleine Kliniken mit niedrigen Geburtenzahlen die Geburtenstationen kaum aufrechterhalten.

Was bedeutet das für die werdenden Mütter im ländlichen Raum?

Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) von Gesetzlichen Krankenkassen, Krankenhaus- und Ärztevertreterinnen und -vertretern haben festgelegt, dass 40 Minuten PKW-Fahrzeit, um eine Geburtsklinik zu erreichen, zumutbar sind. Doch was bedeutet das im Umkehrschluss? Aus Sorge um das Wohlergehen von Mutter und Kind ist die Bereitschaft früher eine stationäre Aufnahme in Betracht zu ziehen größer. Auch die Überlegung einer Geburtseinleitung durch terminierten Kaiserschnitt, der nicht medizinisch begründbar ist, wird in Betracht gezogen, um nicht doch noch zu „kritischen“ Zeiten wie Wochenenden, Feiertagen oder nachts noch lange Wege zur nächsten Geburtshilfeabteilung auf sich nehmen zu müssen.

An den Forderungen, die der LandFrauenverband der Pfalz und Rheinland-Nassau vor 3 Jahren an die damalige Ministerin für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demographie RLP, Frau Sabine Bätzing-Lichenthäler, überreicht haben, hat sich nichts verändert:

  • Klare Definition der Versorgungsstufen der Grund – und Regelversorgung
  • Aufnahme der Geburtshilfe in die Grundversorgung der Krankenhausplanung
  • Koppelung der Leistungen von Grundversorgungsbestandteilen an den Versorgungsauftrag
  • Eindeutige Regelungen, falls dem Versorgungsauftrag nicht nachgekommen wird
  • Einheitliche Standards zur Erreichbarkeit (Vorschlag vdek: max. 30 PKW-Minuten in der Grundversorgung, diese müssen auch bei schlechten Witterungsbedingungen einzuhalten sein).
  • Identifizierung der Kliniken, bei denen die Möglichkeit einer Schließung der Geburtshilfeabteilung besteht, in der Folge sollten regelmäßige Gespräche mit den Trägern geführt werden.
  • Regelung der Notfallversorgung
  • Bei weiteren Schließungen: Festschreibung längere Übergangsphasen zur Implementierung akzeptabler Alternativen
  • Einsatz zur besseren Finanzierung der Geburtshilfe auf Bundesebene
  • Unterstützung eines Geburtshilfe-Stärkungsgesetzes auf Bundesebene, wie von den Hebammenverbänden und der Bundeselterninitiative Mother Hood e.V. vorgeschlagen

„Die Geburt eines Kindes soll im ländlichen Raum nicht zur Gefährdung von Mutter und Kind werden. Wir brauchen hier endlich Lösungen, um aus einer Geburt wieder das zu machen was sie ist: ein eindrucksvolles und schönes Erlebnis in einem sicheren, medizinischen Umfeld“ so Gudrun Breuer, Präsidentin des LandFrauenverbandes Rheinland-Nassau.