Eigentlich…

… sollte am 19.02.2021 der Frauenpower-Bus auf dem Wochenmarkt in Bad Kreuznach Station machen. Gemeinsam mit den Spitzenkandidatinnen verschiedener politischer Parteien sollte vor Ort unter dem Motto „Meine Heimat hat Zukunft!?“ über die Forderungen der LandFrauen zu den Themen Bildung, Ehrenamt, Gesundheit, Gleichstellung und Landwirtschaft diskutiert werden.

Da eine Präsenzveranstaltung Corona bedingt nicht durchführbar war, wurde die Diskussionsrunde kurzerhand ins Internet verlegt.

Für die Teilnahme am Online-Dialog konnten Christian Baldauf (CDU), Daniela Schmitt (FDP), Joachim Streit (Freie Wähler), Anne Spiegel (Bündnis 90/Grüne) und Nico Steinbach (SPD) gewonnen werden.

Rita Lanius-Heck, die Präsidentin des LandFrauenverbandes Rheinland Nassau, begrüßte die TeilnehmerInnen. In kurzen Worten und mit einem Videoclip stellte sie das LEADER-Frauenpower-Projekt und den Frauenpower-Bus vor (www.eler-eulle.rlp.de, www.frauenpower.land). Darüber hinaus unterstrich sie die Bedeutung der LandFrauen als Bewahrerinnen und Zukunftsgestalterinnen des ländlichen Raumes.

Marina Schröder, stellvertretende Vorsitzende des Kreisverbandes Mayen-Koblenz, gab als Moderatorin der Diskussionsrunde einige Hinweise zum Ablauf und startete die Runde mit dem Thema Bildung, ein Bereich, in dem die LandFrauen als größter Weiterbildungsträger im ländlichen Raum sehr aktiv sind. In einem Kurzvideo unterstreicht Ingrid Strohe vom KV Bad Neuenahr-Ahrweiler die Forderungen der LandFrauen: „Lebens- und Alltagskompetenz“ als verpflichtendes Schulfach in allen Schularten, wohnortnahe Grundschulstandorte incl. Digitalisierung in den Schulen, Ausbau der Mittagsverpflegung und Ganztagsbetreuung, Stärkung der DLRs und der LEB zur Förderung der Erwachsenenbildung.

Die teilnehmenden PolitikerInnen sind sich einig in der Zielsetzung, die Digitalisierung in allen Schulen voran- und auch auf den gleichen Standard zu bringen sowie in dem Bestreben, die Sprachkompetenzen insbesondere der Grundschüler zu verbessern. Unterschiedliche Schwerpunkte werden jedoch in der Erwachsenenbildung gesetzt. Anne Spiegel (Grüne) fordert die Festschreibung des Anspruchs auf lebenslanges Lernen im Bundesgesetz und insbesondere den weiteren Ausbau der Weiterbildungsangebote für Frauen nach der Familienphase, mehr Schulsozialarbeiter und Lehrkräfte, um die Schüler, die durch die Corona-Pandemie „abgehängt“ wurden, aufzufangen.

Nico Steinbach (SPD) weist auf die sehr gute flächendeckende Grundschulversorgung in RLP als Zeichen der Wertschätzung des ländlichen Raumes hin und auf die Durchlässigkeit des Schulsystems, das für alle Schüler eine zweite und dritte Chance möglich macht.

Auch Daniela Schmitt (FDP) sieht die Erwachsenenbildung in RLP gut aufgestellt durch die finanzielle Unterstützung der LEBs und der LEADER-Projekte.

Joachim Streit (FW) fordert neben der Digitalisierung der Schulen auch die Verbesserung der Aufenthalts- und Arbeitsbedingungen der Lehrer an den Schulen, insbesondere im Hinblick auf die Veränderung hin zu Ganztagsschulen.

Das zweite Thema, das in dieser Diskussionsrunde näher in den Blick genommen wurde, ist das Ehrenamt, das einen wichtigen wirtschaftlichen Faktor darstellt und eine bedeutende Säule des sozialen Lebens ist.  Adelheid Epper vom KV Bitburg und Mitglied des Präsidiums stellt in einem Videoclip die Forderungen der LandFrauen zu diesem Thema heraus, die Marina Schröder in der Frage nach Rentenpunkten und Steuererleichterungen für langjährig ehrenamtlich Tätige sowie einem Laptop für jede LandFrau an die Teilnehmenden zusammenfasst. Forderungen, die zumindest ein spontanes Schmunzeln bei allen Beteiligten hervorrufen.

Für die FDP weist Daniela Schmitt auf die Eingabe ihrer Partei in den Bundesrat hin, das Ehrenamt durch Aufwandsentschädigungen und steuerliche Berücksichtigung finanziell zu unterstützen. Wichtig erscheint ihr auch eine flexiblere Gestaltung der beruflichen Situation, um Ehrenamt überhaupt zu ermöglichen.

Christian Baldauf (CDU) verweist auf die Rentenpunkte im Ehrenamtspapier der CDU und dass dazu im Bundesvorstand die Debatte bereits angestoßen sei. Auch über die alternative Möglichkeit früher abschlagsfrei in Rente zu gehen, wird auf der Bundesebene der CDU bereits diskutiert.

Nach Maßnahmen, die dem Vereinssterben und der sinkenden Anzahl der Ehrenamtlichen entgegenwirken gefragt, betont Anne Spiegel (Grüne) die Anerkennung von Familienzeiten für Kindererziehung und Pflege in der Rente. Des Weiteren soll das Ehrenamtsstärkungsgesetz kleine finanzielle Anreize für ehrenamtliche Aktivitäten schaffen.

Mit dem Thema Gesundheit wird aus Sicht der LandFrauen in erster Linie die flächendeckende Ärzteversorgung, die Schließung von Geburtenstationen, die Hebammenversorgung im ländlichen Raum und die Schließung vieler Krankenhäuser in den ländlichen Regionen angesprochen, wie von Martina Wendling vom KV Hunsrück und Mitglied des Präsidiums eindrücklich in ihrem Videoclip beschrieben wird.

Nico Steinbach (SPD) sieht in der Sicherstellung der zuvor genannten Punkte einen wesentlichen Aspekt gleichwertiger Lebensbedingungen in Stadt und Land. Bedarf sieht er vor allem in der Änderung des Finanzierungssystems der Krankenhäuser. Hilfe kann manchmal auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bieten, wie z.B. das Modellprojekt ZOAST Eifel zeigt (Zone der grenzüberschreitenden Inanspruchnahme medizinischer Dienstleistungen).

Joachim Streit (FW) stellt das Modell der Ärztegenossenschaft in Bitburg vor und fordert veränderte Rahmenbedingungen, um den Beruf des Landarztes für die jungen Ärzte attraktiv zu machen. „24 Stunden Dienst bei einer 7 Tage Woche sind für junge Ärzte keine Option“ so Joachim Streit.

Anne Spiegel (Grüne) kann sich vorstellen, die Krankenhäuser in Versorgungszentren umzuwandeln und die Finanzstruktur an regionalen Faktoren auszurichten.

Daniela Schmitt (FDP) befürwortet die Anpassung des Abrechnungssystems, ist aber sicher, dass die Kompetenzbündelung in Spezialkliniken auch in der Zukunft bleiben wird. Eine Ursache in der mangelnden Attraktivität des Landarztberufes sieht sie in der überbordenden Bürokratie, die es abzubauen gelte.

Christian Baldauf (CDU) propagiert neue Formen der Zusammenarbeit, z.B. in Form von MVZs, die Umsetzung des Fachkräftezuwanderungsgesetzes und die Neuregelung der Anerkennung ausländischer Abschlüsse. Gerne möchte er die bereits geschlossenen Krankenhäuser und Geburtenstationen wieder öffnen, sofern die Finanzausstattung stimmt.

Die wesentlichen Positionen der LandFrauen zum Thema Gleichstellung stellt Hildegard Krauß, Mitglied im Präsidium, in ihrem Kurzvideo vor. Dazu gehören u.a. gleicher Lohn für gleiche Arbeit, vergleichbare Löhne zwischen Stadt und Land sowie die finanzielle Aufwertung typischer Frauenberufe.  Marina Schröder greift den Hinweis auf, dass die Gleichberechtigung von Männern und Frauen im Grundgesetz festgeschrieben ist. Jedoch zeigen sich im realen Leben oftmals eklatante Unterschiede, die vor allem bei den Frauen in die Altersarmut führen.

Die teilnehmenden PolitikerInnen sind sich in diesem Punkt außerordentlich einig, dass hier Handlungsbedarf besteht. Diesen sehen sie parteiübergreifend in der besseren Bezahlung systemrelevanter Berufe, die häufig von Frauen ausgeübt werden, im Streben nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit und im täglichen Arbeiten an der Gleichberechtigung in nahezu allen Lebensbereichen.

Den Videoclip zum Thema Landwirtschaft hat Gudrun Breuer, 1. Vizepräsidentin des LFV Rheinland Nassau, in ihrer Eigenschaft als aktive Landwirtin beigesteuert. Sie unterstreicht die Bedeutung von Perspektiven und Planungssicherheit für die Landwirte durch die Politik sowie die Forderung nach Stärkung und Förderung der regionalen Landwirtschaft, z.B. durch den Einsatz regionaler Produkte in Kantinen, Mensen, Schulen und Kindergärten.

Als Einstieg in die Diskussion beschreibt Marina Schröder die aktuelle Stimmung unter den Landwirten. Sie fühlen sich als Sündenböcke der Nation und von allen politischen Parteien im Stich gelassen. Marina Schröder bittet außerdem um eine Erklärung für den scheinbaren Gegensatz von Landwirtschaft und Umwelt.

In ihren Antworten sind sich die teilnehmenden PolitkerInnen ausgesprochen einig, dass Landwirtschaft und Umwelt sehr wohl miteinander in Einklang stehen. So kann sich Christian Baldauf (CDU) die Zusammenführung von Landwirtschaft und Umwelt in einem gemeinsamen Ministerium sehr gut und effektiv vorstellen und fordert zudem eine exaktere Auseisung der roten Gebiete durch Ausweitung des Messnetzes sowie die Stärkung der DLRs.

Nico Steinbach (SPD) betont, dass die von den Landwirten verlangten Standards die Produktion heimischer Nahrungsmittel nicht unmöglich machen dürfen.

Anne Spiegel (Grüne) befürwortet die gemeinsame Tagung der Agrar- und Umweltminister im Hinblick auf die GAP-Verhandlungen.

Daniela Schmitt (FDP) möchte den gemeinsamen Dialog mit den Landwirten fördern und bedauert, dass suggeriert werde, die Bauern seien schuld am Klimawandel. Sie sieht außerdem die Landwirtschaft im Wirtschaftsministerium sehr gut aufgehoben.

Joachim Streit (FW) erkennt einen hohen Bedarf in der Verbesserung der Marketingstrategien für einheimische regionale Produkte.

Einhellig wird die Fehlentwicklung des Gegeneinanders von Landwirtschaft und Umwelt, von Bio- und Nicht-Bio-Landwirtschaft bedauert. Die Bedeutung regionaler Produkte und die Stärkung ihres Absatzes sowie die verbesserte Aufklärung der Verbraucher über die Vorteile heimischer Lebensmittel ist für alle Anwesenden ein erklärtes Ziel, ebenso wie die Verbesserung und Unterstützung der Imagepflege der Landwirte.

In ihren kurzen Statements zum Schluss der Diskussionsrunde dankten die PolitikerInnen für die Einladung, das kollegiale Miteinander und Marina Schröder für die gut geführte Moderation.

Gudrun Breuer dankte in ihrem Schlusswort namentlich Ines Unger (GF LFV Rheinland Nassau) und Dr. Gregory Mohr (LEB) für die Technik, Yannik Zender (Landjugend Rheinland Nassau) für den Videoclip zum Frauenpower-Bus, Marina Schröder für die Moderation, Ingrid Pauken (Verein zur Förderung der LF Arbeit […] e.V.) für das Projektmanagement und Rita Lanius-Heck für die Begrüßung.

Gudrun Breuer nahm die Überschrift der Veranstaltung noch einmal auf und fasste aus Sicht des LandFrauenverbandes zusammen: „Ja, unsere Heimat hat Zukunft!“. Sie appellierte an die PolitkerInnen, nach der Wahl den ländlichen Raum nicht zu vergessen und an die Teilnehmer vor den Bildschirmen von dem demokratischen Grundrecht Gebrauch zu machen und wählen zu gehen.

Der Mitschnitt dieser Veranstaltung kann unter https://youtu.be/Fa6vJDgQ9OA auf YouTube abgerufen werden.